Manche haben diesen Abend
vielleicht gespannt erwartet, andere haben etwas kritisch darauf geschaut: Nein, es geht nicht um eine wichtige (politische) Entscheidung oder etwas, auf das gerade die ganze Welt schaut.
Es geht um einen Film, der zumindest in einem Teil meiner Instagram Bubble recht präsent war: „Aus Haut und Knochen“ wurde am 1. Dezember erstmals auf SAT1 ausgestrahlt. Wie der Titel vielleicht schon vermuten lässt, geht es um Essstörungen, genauer gesagt, um Magersucht.
Vorweg:
Ich finde es extrem wichtig, dass darüber berichtet wird. Außerdem möchte ich betonen, dass ich den Film schauspielerisch sehr gut gelungen finde! Dennoch komme ich aus dem Kopfschütteln nicht mehr raus.
Die Protagonistin Lara ist magersüchtig.
Zu Beginn weiß ihre Familie noch nichts, jedoch erfahren es ihre Eltern in den ersten 15 Minuten des Films. Zuschauende, die sich mit dem Thema auskennen, merken es schon früher. Daran ist noch nichts fragwürdig, allerdings ist schon der Anfang des Films das reinste Klischee. Lara trinkt Kaffee mit Süßstoff, geht ständig joggen und isst Watte zum Frühstück. Ihre Eltern merken zunächst nichts, die Mutter macht sich langsam Sorgen, der Vater nimmt alles auf die leichte Schulter. Trotzdem wird sie letztendlich untersucht. Die Ärztin nennt Zahlen, einen BMI-Wert und das Gewicht. Die Ärztin klärt die Eltern auf, aber Lara streitet alles ab: „Ich bin doch nicht krank.“ All das bedient sämtliche Klischees der Magersucht, daneben aber auch Geschlechterrollen-Stereotype innerhalb der Familie.
Dieser Film ist nicht bei Weitem der erste,
der die Thematik Essstörung im Allgemeinen und Magersucht im Speziellen aufgreift. Allerdings ist es nicht hilfreich, diese Krankheit noch in mehr in der Klischeeschublade zu versenken. Es ist nicht hilfreich darzustellen, wie sich eine „typisch magersüchtige“ Person zu verhalten hat, denn das kann bei anderen Betroffenen den Eindruck erwecken, sie müssten genauso sein, wenn nicht, sind sie nicht „krank genug“. Ebenso ist es meiner Ansicht nach ziemlich bedenklich, in einem Film, den sich wahrscheinlich viele Personen anschauen, die selbst betroffen sind, Zahlen wie Gewicht und BMI-Wert zu nennen. All das kann triggern oder ein falsches Bild der Erkrankung vermitteln. Es macht mich wütend, immer wieder die gleichen Vorstellungen zu sehen, dabei hätte dieses Thema es „verdient“ auch einmal anders dargestellt zu werden.
Wie kommt es dazu,
dass sich eine Anorexie entwickelt? In Filmen sind es immer junge Menschen und fast nur Mädchen. Also entwickeln nur diese eine Essstörung?
Wie kann ich als angehörige Person wirklich helfen? Wie fühlt sich die Betroffene person wirklich? Was steckt neben den Symptomen und dem offensichtlichem Verhalten noch dahinter?
Diese und noch viele weitere Fragen
werden leider kaum beleuchtet, geschweige denn beantwortet. Im Gegenteil, häufig neigen die Filme dazu, das Krankheitsbild oder die (einseitig dargestellten) Symptome zu romantisieren. Und das ist sehr gefährlich. Denn Filme sind nicht die Realität, Essstörungen dagegen schon.