Blackfriday

Das K in Black Friday steht für „Konsumkritik ist ein Privileg”


Laura | 19.11.20

Diesen Monat ist Black Friday. Wem das nichts sagt, der hört am besten sofort auf zu lesen. Alle anderen hingegen wissen, dass dies wieder ein Tag oder viel mehr eine Woche ist, in der gerne der Gedanke an nachhaltigen Konsum außer Acht gelassen wird. Black Friday bedeutet Super Sale auf der ganzen Welt; in allen Bereichen werden Produkte zu angeblichen Sonderpreisen auf die Konsument:innen losgelassen. Seinen Ursprung findet dieser Tag, wie so vieles, in den USA. Traditionell ist der vierte Freitag im Monat November, also der Tag nach Thanksgiving, der Tag an dem offiziell die Weihnachtssaison losgeht und auch die ersten Weihnachtseinkäufe getätigt werden können.

In Deutschland liegt der Unterschied darin, dass sich die Black Friday-Rabatte bisher in erster Linie auf den Onlinehandel beschränken und sich weniger im örtlichen Einzelhandel niederschlagen.
Warum dieser Tag zu kritisieren ist, liegt auf der Hand: Faktisch betrachtet sind die vermeintlichen Schnäppchen meist gar keine wirklichen Schnäppchen. Viele Produkte unterliegen das ganze Jahr über starken Preisschwankungen. In einigen besonders dreisten Fällen wurden die Preise kurz vor besagtem Tag hoch angesetzt, um dann wieder tief fallen zu können. Zudem sind wir Opfer unseres eigenen Gehirns, dass beim Anblick von roten Prozentzeichen das Belohnungssystem aktiviert und uns Dinge kaufen lässt, die wir weder brauchen noch wirklich wollen, von denen uns aber vorgegaukelt wird, dass wir ein Super-Angebot bekommen haben. Dieses exzessive Konsumieren am Black Friday ist auch aus nachhaltigen Gründen mehr als nur fragwürdig: Wir fördern damit die Konsumschleife. Lagerhallen werden leergeräumt, die zuvor vollgestopft waren mit nutzlosen Dingen, die nun wieder aufgefüllt werden können. Black Friday ist eine einzige profitable Marketingstrategie, eine Möglichkeit die vollkommen übersättigten Konsument:innen weiterhin dazu anzuregen immer mehr (Sinnloses) zu konsumieren. Dass dabei Ressourcen verschwendet und vor allem fast consuming Produkte auf dem Markt umhergereicht werden, lässt sich gerne ausblenden, wenn man, von der Shopping-Euphorie umnebelt, sich an seinen neuen Dingen erfreut. Doch wie eine Greenpeace-Studie gezeigt hat, ist auch dies ein Trugschluss: Konsum macht nicht glücklich, eher im Gegenteil.

Viele Kund:innen plagen Schuldgefühle oder sie werden von der Leere, die sie zu füllen hofften, erst recht eingeholt. Wie alles jedoch hat auch dieser Tag zwei Seiten: Konsumkritik wird in öffentlichen und auch privaten Diskursen aus der Sicht eines Privilegs verübt, das Personen aus ärmeren oder (sozial-)prekären Verhältnissen ausschließt. Nachhaltig gehandelte Produkte oder auch Produkte mit „normalen“ Preisen sind nicht für alle Menschen gleichermaßen zugänglich. Nur zur Verdeutlichung: im Hartz-IV-Satz sind monatlich knapp 37 Euro für Kleidung angedacht, dass da fair produzierte Kleidung keinen Platz hat, ist offensichtlich. Fast Fashion-Ketten oder auch Black Friday bieten die Möglichkeit, Klassenunterschiede unsichtbar zu machen, denn Klassismus ist leider real. Konsumkritik und Nachhaltigkeit ist für privilegierte Menschen leichter zu händeln. Sie müssen sich keine Gedanken darum machen, was es heißt, nur kurzfristig handeln zu können, oder was Besitz und Konsum bedeuten kann, wie beispielsweise Anerkennung und Zugehörigkeit in einer kapitalistischen Gesellschaft.

Doch das gilt nicht nur für Sondersituationen wie Black Friday. Nicht jeder kann es sich leisten, wenn Flüge teurer werden, wenn das Fleisch teurer wird. Und wer sind wir, Menschen absprechen zu wollen, wofür sie ihr Geld ausgeben wollen. Und ja, das Klima ist wichtig, und ja, wir müssen etwas ändern, und dennoch sollte dies nicht auf Kosten derer geschehen, die bereits den Kürzeren ziehen.

Die Debatte um die Klimakrise wird dominiert von einer privilegierten Mittelschicht, was sich sowohl in Gesellschaft auch in Politik widerspiegelt, denn es dreht sich zumeist um die Frage, was jede einzelne Person tun kann. Diesbezüglich zu beachten ist: Fliegen wird verteufelt, der gesamte Flugverkehr trägt ca. 5 Prozent zur Klimawirkung bei.  Das klingt sehr viel und ist auf jeden Fall verbesserungswürdig, doch bei dieser Debatte wird gerne ausgelassen, dass allein 20 Konzerne auf der ganzen Welt 35 Prozent aller CO2-Emissionen ausmachen. Dazu gehören aus Europa die Giganten BP und Shell, aus Russland Gazprom und aus den USA Chevron und ExxonMobil. Zwar gehören zu dieser Liste auch unbekanntere Firmen aus Nordafrika oder Mittelamerika, doch auch hier lässt sich das Privileg der Reichen und Mächtigeren ablesen, die zum Nachteil anderer Profit gewinnen.
Natürlich sollte jede:r Einzelne von uns stets alles geben, um den persönlichen CO2-Fußabdruck zu verbessern, aber all die Kritik sollte nicht auf dem Rücken derer ausgetragen werden, die sich an ganz anderer (sprich: niedrigerer) Stelle in der Bedürfnispyramide befinden.

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