Aufgrund der Zahlen und der Beobachtungen,
und auch wenn man in der Stadt einfach mal die Augen aufmacht, lässt sich erahnen, dass sich die meisten Leute in den Öffis auf dem Weg zur Arbeit anstecken. Als vor knapp zwei Wochen die MVG in München gestreikt hat, stand ich mit locker 100 Leuten dicht an dicht in einem Bus. Und das ist jetzt ein niedrigeres Infektionsrisiko als im Theater, wo man nicht mal redet, sondern neben den ganzen Regelungen auch noch stur nach vorne schaut? Nee, liebe Regierung, da müsst ihr euch was Besseres einfallen lassen. Da könnt ihr noch so oft sagen, Kunst und Kultur seien systemrelevant. Eure geforderte Solidarität lässt sich da wenig ernst nehmen. Die ist doch sehr ausgewählt nach Branche und Einkommen. Student*innen z.B. sitzen auch schon wieder in der Scheisse, wenn sie Nebenjobs wie z.B. Kellnern (was ein extrem häufiger Studentenjob ist) nicht nachgehen können und die letzte Coronahilfe für Student*innen war ein ziemlicher Witz. Drei Monate 500€, aber nur wenn der Kontostand unter 100€ beträgt? Das reicht in München mit Glück für einen Monat Miete. Sonst werden auch die wieder allein gelassen.
Warum müssen Arbeitnehmer*innen
in nicht eingeschränkten Berufen einen Antrag stellen, wenn sie im Homeoffice arbeiten wollen? Warum wird es nicht andersherum gemacht? Tröpfchen fliegen weit, die können auch von Schreibtisch zu Schreibtisch wandern. Und bei den mangelnden Abständen in Bus und Bahn lässt sich stark vermuten, dass das die größten Ansteckungshotspots sind. Aber wenn Theater und Co. zugemacht werden, wo sich niemand angesteckt hat, müssten konsequenterweise auch die Orte zugemacht werden, wo sich viele Leute anstecken. Schulen bleiben auch offen.
Mit Begründung Söders, dass diese nicht zugemacht werden müssen, solange kein deutliches Infektionsgeschehen stattfindet. Äh, hä? Warum sind dann nochmal die Kultureinrichtungen zu?
Es wird eine Sache besonders deutlich
in den Corona Maßnahmen: Die Kausalität fehlt, bzw. es ist eine klare Priorisierung von Seiten der Politik nach Vorlieben, nicht nach Logik. Warum Schulen und Kitas nicht zu sind, lässt sich vermutlich auf einen anderen Grund zurückführen: mangelnde Betreuungsmöglichkeiten von Eltern, die dann auch wieder ins Home Office müssten und mangelnde Möglichkeiten, den Schulbetrieb auch ohne Präsenz so zu gewährleisten, sodass es nicht proportional abhängig von der technischen Ausstattung und dem Reichtum der Eltern ist, wie gut das Kind mitkommt.
Corona macht mal wieder deutlich, was schon lange bekannt ist: Kunst und Kultur haben für die meisten Politiker keine Relevanz, die fordern nur Solidarität, wenn es um ihren eigenen Arsch geht. Die Augen werden zugemacht, wenn es sie nicht direkt betrifft. Schon im März wurde vor allem Solidarität von den Jungen gefordert, um die Alten zu schützen, alle Einrichtungen wurden zugemacht. Klar, alles kein Problem. Aber zurück kriegt man halt nichts. Die Kulturschaffenden, die sowieso schon alleine gelassen wurden, stehen jetzt erst recht und erneut vor dem Existenzaus, Es ist den Politiker*innen scheinbar egal, wenn die ganze Kulturszene vor die Hunde geht, Filme schauen kann man ja auch so und ihre Einkommen sind ja nicht gefährdet.
Hätten wir halt mal was gscheits gelernt, dann säßen wir jetzt nicht in der Scheisse.
Liebe Politiker*innen: Solidarität und Respekt geht anders. Macht endlich was.