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INTERVIEW

mit Katharina und Edzard, Fragen gestellt von Stella | 09.05.2021.


Im Rahmen von ohne kUNSt und Kultur wird’s still hat Stella mit zwei Künstler*innen über den Arbeitsalltag selbstständiger und festangestellter Künstler*innen vor und nach Corona gesprochen.

Vielleicht einfach kurz zur Einführung: Wie sah denn euer Arbeitsalltag vor COVID aus?


Edzard: Ich habe bis zum Lockdown sehr viel gearbeitet. Wir hatten zwischen acht und zehn Diensten die Woche, d.h. eigentlich montags bis donnerstags morgens eine Probe von drei Stunden und dann von Mittwoch bis Sonntag jeweils am Abend eine Vorstellung zwischen drei und fünf Stunden. Und die Nachmittage sahen für mich so aus, dass ich für mich selbst geübt habe, dass ich meine Student*innen und meine Akademist*innen, quasi die „Azubis“ vom Orchester unterrichtet habe.

 

Katharina: Bei mir war es so, ich bin seit 2017 in der Selbstständigkeit und das war, nach einem Festengagement als Schauspielerin am Theater, erst mal ein Zurechtfinden. Dann war die Zeit bis Corona kam geprägt von vielen Reisen, weil ich in Zürich studiert hatte, aus München komme, an der badischen Landesbühne gespielt habe und überall dahin noch Kontakte habe, die gepflegt werden wollen. In Wiesbaden, wo ich wohne, habe ich versucht beruflich Fuß zu fassen. Es war also ganz viel Akquise, Networking, Präsenz zeigen und Vorstellungen anschauen angesagt. Daneben habe ich eigene Produktionen in Zürich und in Wiesbaden auf die Beine gestellt… Unterm Strich war ich einfach total viel unterwegs und es war ein wahnsinnig trubeliges, aber sehr wohliges Leben. Also mir hat es total gefallen.

Und wie sieht euer Leben im Vergleich dazu seit einem Jahr Corona bzw. aus?


Edzard: Also vor Corona gab es einen Wochenplan, den habe ich abgearbeitet. Ich habe zwei Arbeitgeber, das eine ist die Wiesbadener Musikakademie, da bin ich Lehrbeauftragter und unterrichte Student*innen, das andere ist das Theater. Im Theater gab es diesen Plan, den bin ich gefahren und in der Akademie habe ich mich am Bedarf der Student*innen orientiert, wie viel Zeit wer braucht. Jüngere Semester sind sehr „pflegeintensiv“, ältere brauchen mehr Zeit für sich und weniger Betreuung

In der Akademie hatten wir das eine Zeit lang digital, aber ich konnte weiter diese Freiheit haben. Mittlerweile hat sich das Ganze wieder völlig normalisiert und wir machen Präsenzunterricht, bloß dass man mit der Maske reinläuft.

Im Theater hat sich das extrem verändert, weil da der Proben- und Vorstellungsbetrieb aufgehört hat. Wir spielen einfach keine Shows mehr, alles was kommt sind solche kleinen Special-Projekte wo man sagt wir halten den Abstand ein, wir testen die Leute vorher, alles Mögliche. Aber das ist alles total kurzfristig. Die Planbarkeit und die Geplantheit ist weg. Wir kriegen jede Woche einen neuen Plan, der nichts damit zu tun hat, was wir vor einem Monat noch gekriegt haben. Das hat zur Folge, dass man die ganze Zeit auf heißen Kohlen sitzt.

Wir haben jetzt im Repertoire den kompletten Ring [des Nibelungen], drei kleine Opern und Lady Macbeth von Schostakowitsch, das ist eine großbesetzte, lange und fürs Orchester sehr anspruchsvolle Oper, die uns immer wieder herausfordert. Ich habe das immer warm auf der Pfanne und entweder es kommt irgendwann in den Biomüll, oder es soll irgendwann auf den Teller, dann aber noch lecker sein. Und das ist halt extrem nervig. Bei uns im Ensemble, das Schauspiel, die haben sehr viele Premieren fertig probiert, die könnten damit jederzeit rauskommen.

Viele Stücke gleichzeitig warmhalten ist vermutlich auch ein ziemlicher Übeaufwand...


Edzard: Ja, das ist das eine. Das andere als Musiker ist ja, dass obwohl du ganz viele Sachen präsent haben musst, hast du nicht wirklich was zu tun und dann muss man schauen, wo man seine Arbeit herkriegt. Ich unterrichte meine Akademist*innen mehr, ich bereite Leute auf Probespiele vor. Und ich räume auch einfach viel auf. Am 18. März 2020 war glaube ich unsere letzte Show, dann hieß es „Licht aus“. Es war völlig unklar, was der Lockdown bedeuten würde. Und entsprechend wurde versucht, das Haus noch schnell „sturmfest“ zu machen. Gerade große Instrumente wurden irgendwie aus der Schusslinie genommen, in irgendwelchen Schränken verstaut und weggeschlossen. Ich suche bis heute im Haus Instrumente zusammen.

Es ist ein bisschen warten, was passiert und sich fithalten und wenn doch nichts passiert, schauen, was man eigentlich sonst machen kann.

Und bei dir als Freiberuflerin, Katharina?


Katharina: Ja, bei mir war es eine Vollbremsung. Das was Edzard jetzt gerade beschreibt, was er machen muss, dieses selbst schauen, wo die Arbeit herkommt, das war seit meiner Selbstständigkeit immer meine Aufgabe. Bei diesen vielen so unterschiedlichen Aufgaben, die viel damit zu tun haben sich zu zeigen, war Corona erst mal eine Vollbremsung. Ich habe am Tag vor dem Lockdown noch gedreht, sogar einen Film im Krankenhaus. Wir hatten den letzten Drehtag und zack, vorbei war’s. Ich meine klar, man kann dann irgendwie mal seinen Schrank ausräumen, aber es kommt ja kein Geld rein vom Schrankausräumen. Das hat mich wirklich zerlegt, muss ich sagen. Ich bin dann irgendwann bei Edzards Cousin auf den Hopfenhof gegangen zum Arbeiten auf dem Feld. Sehr lange habe ich da nicht gearbeitet, aber immerhin war es eine körperliche Arbeit, wo ich auch mal aufgehört habe zu denken und dann hatte ich noch ein Vorsingen. Da hatte ich eine Aufgabe, auf die ich mich vorbereiten musste.

Für mich war es ein Erstarren. Und dann habe ich gemerkt, es gibt Chancen, ich habe ein Kindertheaterstück entwickelt, das wurde hier in Wiesbaden vom Amt für soziale Arbeit ausgeschrieben, genau für Corona Verhältnisse. Ich habe also angefangen, mich auf das Ganze einzustellen. Es gibt immer Leute, die sich drauf einlassen und neue Wege Kunst zu machen suchen und einem dabei helfen und es gibt auch die, die total blocken. Immer da wo es ging habe ich versucht weiterzumachen und mich nicht stressen zu lassen. Das ist das Allerwichtigste.

Ihr habt es jetzt beide schon ein bisschen angedeutet, aber könnt ihr vielleicht nochmal konkret darauf eingehen,

was für Probleme bezüglich Arbeit oder eben auch Nicht-Arbeit entstanden sind durch Corona?


Katharina: Was für mich zu Beginn schlimm war, war erstmal dieses Gefühl, dass man auf einmal in einer Nahrungskette ganz unten landet. Ich bin eben nicht systemrelevant als Künstlerin. Ich bin eben keine Ärztin oder keine Intensivkrankenschwester und das verstehe ich auch total. Aber das war für mich erst mal ein psychischer freier Fall, ein Suchen und nicht genau wissen, was hier eigentlich los ist. Es gibt keine Blaupause für diese Situation.

Und dann war das mit diesen Betriebsmitteln… Ich habe keine Betriebsmittel, mein Körper, meine Stimme sind meine Betriebsmittel. Ich weiß nicht genau, wo ich das absetzen oder angeben kann. Das war echt ein wirklich krasser Schlag. Aber ich bin ein Stück weit auch wieder selbstbewusster geworden, weil ich mir gesagt habe, mich haut so schnell nichts um und ich kann mich auch in misslichsten Lagen selbst organisieren. 

 

Edzard: Wir hatten vom Orchester lange Zeit keine Kurzarbeit, weil unser Intendant den Druck auf die Politik aufrechterhalten wollte, dass die Kultur in den Startlöchern steht, jederzeit wieder zu spielen. Und tatsächlich waren wir im Mai hier in Wiesbaden auch das erste Opernhaus der Welt, die wieder gespielt haben. Das war natürlich unter besonderen Bedingungen, aber es hat stattgefunden. Und entsprechend hat mich das Ganze auch finanziell lange nicht getroffen, und problematisch war es für mich psychisch auch lange Zeit nicht, weil ich wusste, dass es bei dieser Corona Pandemie irgendwo auch um Life at Stake geht.

Das war bis zum Wiedereintritt in die Saison 20/21 und seit Dezember sind wir auch in Kurzarbeit. Eine Zeit lang haben wir dann gesagt in Ordnung, dann hat man darunter gelitten, dass man praktisch Berufsverbot hatte. Dann war klar, wir sind einfach jetzt auf dem Abstellgleis und wir sollen nicht spielen. Und seit die Impfungen etc. kommen, lastet auf mir einfach gefühlt der Druck, wie schnell man auf den Markt kommt. Dieses Theater bekommt ja einen Haufen Geld. Und wir wollen dafür auch arbeiten, aber vor allem soll dafür ja auch was geleistet werden. Wir werden ja nicht alimentiert, damit noch mehr Musiker*innen in der Fußgängerzone spielen. Sondern wir produzieren ja auch was. Und jetzt sind wir in so einer Bringschuld, wir wollen nach außen, aber wir dürfen nicht. Das ist ein Double-Bind, bei dem du nur verlieren kannst. Wenn du anfängst, ist es unverantwortlich, wenn du es nicht machst, machst du deinen Job nicht.

Katharina, du hast jetzt schon den Hopfenhof erwähnt und auch die Betriebskosten.

Edzard, du hast gesagt es hat sich für dich gar nicht so viel verändert finanziell,

aber habt ihr generell finanzielle Hilfe vom Staat beantragt und wenn ja, wie lief das ab und habt ihr sie vor allem bekommen?


Katharina: Ich habe mich für zwei Stipendien beworben. Einmal hier in Wiesbaden bei der hessischen Kulturstiftung und dann noch einmal beim deutschen Musikrat. Beide habe ich bekommen. Da musste ich meine KSK-Bescheinigung [Künstler-Sozialkasse] abgeben, angeben, dass ich in Hessen bzw. in Deutschland lebe und natürlich ein Projekt beschreiben. Das eine habe ich schon ausgezahlt bekommen, da habe ich dann auch verifizieren müssen, was ich dafür geleistet habe, das andere steht noch aus. Aber sonst habe ich bis jetzt keine weiteren Hilfen beantragt.

Also die ganzen in der Politik erwähnten Überbrückungshilfen waren gar nicht da?


Katharina: Nee. Also es waren ja lange diese Überbrückungshilfen 1 und 2 mit denen Betriebskosten abgedeckt werden sollten, aber das ist für mich eben nicht in Frage gekommen. Wenn ich Geld habe und das dann beiseitelegen muss um zu schauen, ob und wann sie es wieder zurückhaben wollen, da weiß ich einfach nicht so genau, wo da der Nutzen ist. Ich dachte mir, da packe ich dann lieber mein Erspartes an. Die Überbrückungshilfe 3 wäre in Frage gekommen, aber die habe ich noch nicht beantragt.

 

Edzard: Ich weiß nicht, wie die Möglichkeiten gewesen wären, sich auf alle möglichen Sachen zu bewerben. Ich habe für mich gesagt, solange ich nicht verhungern muss, brauche ich mich jetzt um irgendwelche Förderungen und Hilfen nicht bewerben, weil man fragt nach Hilfe, wenn man Hilfe braucht und das habe ich nicht. Ich bin mit meinem kleinen Gehalt hier einigermaßen zurechtgekommen, wir mussten nicht aus unserer Wohnung raus und dann war das für mich in Ordnung.  

Habt ihr denn Kolleg*innen, die wegen Corona gekündigt wurden?


Edzard: Das Wiesbadener Orchester tangiert das nicht, wir haben im Gegenteil zwischenzeitlich offene Stellen noch besetzt. Wir machen den Ring ganz, das ist ein Cast von rund 20 Sänger*innen, die schon lange Verträge haben und die einfach nichts haben, wenn man sie jetzt nicht singen lässt. Also ich weiß bei uns am Theater von niemandem, der aus dem Stand entlassen wurde.

Natürlich gibt es da Prioritäten, die persönlich gefärbt sind, aber generell geht es darum, die Menschen in Arbeit zu halten. Wir haben die Verträge unserer Orchesterakademie auch verlängert. Das läuft bei uns sehr menschlich ab.

 

Katharina: Bei einem Theater war ich noch für Vorstellungen als Selbstständige fest eingeplant. Diese wurden dann einen Tag vorher abgesagt. Es gab dann vom Theater kein Gespräch oder Austausch darüber, ob nicht vielleicht ein Anteil der Gage ersetzt oder vergütet werden könnte. Bei einem anderen Haus ist es so, dass zumindest bei angesetzten Vorstellungen ein Anteil der Gage bezahlt wird, auch wenn sie letztendlich nicht stattgefunden haben. Das war und ist ein Anker. Aber wenn ich jetzt vor der Pandemie nur mit Gesang oder Schauspiel mein Geld verdient hätte, dann wäre ich wahrscheinlich währenddessen einfach verhungert. Meine Rettung war eigentlich, dass ich neben meinen künstlerischen Fähigkeiten auch im pädagogischen Bereich arbeite und diesen mit dem künstlerischen verknüpfen kann.

Um nochmal an die staatlichen Hilfen anzuschließen, hättet ihr denn irgendwelche Wünsche, was der Staat unternehmen sollte? 


Katharina: Also ich will jetzt nicht sagen, die Kultur muss als erstes wieder aufmachen. Natürlich wäre das wünschenswert, eine Aussicht zu haben, aber ich sehe es auch mit dieser dritten Welle, dass man es einfach nicht einschätzen kann, wann es zuverlässig mit der Kultur wieder weitergehen kann.

Was ich da mit staatlichen Hilfen mitbekommen habe von Kolleg*innen aus der Schweiz war, dass die zu einem großen Prozentsatz alle vertraglich abgemachten Projekte vom Staat vergütet bekommen haben. Das ist natürlich ein Traum. Vielleicht kann das sich auch nur die Schweiz leisten. Das kann ich mir vorstellen, dass die da den finanziellen Background haben *lacht*. Aber es ist eine schwierige Frage.

 

Edzard: Das ist ein wahnsinnig politisches Feld. Wir haben in der ganzen Republik bisher keine Ansteckung in Kulturveranstaltungen gehabt, keine Super Spreader Events. Die negative Coronabilanz der Theater und Kultur ist extrem gut. Das liegt aber auch daran, dass wir wahnsinnig gecuttet wurden. Wenn du den ganzen April die Theater zumachst, dann ist es einfach, im Mai zu sagen: macht die Theater auf, es hat sich ja niemand angesteckt.

Das ist auch eine Forderung, die schwierig zu stellen ist. Ich bin jung, ich bin gesund, ich habe keine Kinder, für mich ist das Risiko vertretbar. Bei uns im Orchester gibt es aber auch alte Kolleg*innen, Kolleg*innen mit Asthma, mit Kindern, die wollen wirklich kein Corona haben. Man muss auch das Verständnis haben, dass COVID die Leute ja auch umbringt. Ich will das auch nicht haben. Diese Maximalforderung, wir wollen wieder spielen, ich kann die nicht tragen, ohne das Gefühl zu haben, meine Freiheit über die Freiheit anderer zu stellen. Und geldpolitisch… klar wär‘s schön. Ich finde die Idee von der Schweiz gut, es ist für so Vieles Geld da.

Der politische Weitblick zu sagen, Kunst ist letztendlich das, worauf unser Wohlstand auch basiert, den haben politisch die Allerwenigsten. Ich sehe ganz wenige Leute, die sich zu unserem Kulturbetrieb wirklich bekennen, weil sie sagen, so sind wir und wenn wir das streichen, wird dieses Land ein anderes. Die Erkenntnis, dass die Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft in ihren Spitzen abnimmt, wenn man den Menschen, die die Gesellschaft formen und diese Leistungsspitzen erbringen, Kultur und vor allem die prestigeträchtige Identifikation mit unserer global unerreichten Hochkultur wegnimmt, abnimmt, ist politisch schwer zu vermitteln. Diesen Schuss haben glaub ich ganz Wenige gehört.

 

Katharina: Klar, was ich vorhin gemeint habe mit systemrelevant, und wir sind es nicht, im ersten Atemzug. Aber ich habe es erlebt, im letzten Sommer durfte ich in der Schweiz bei einer Produktion dabei sein, also mitten in Corona und es war so krass. Diese Stimmung da… Ich glaube es lag nicht nur an unserer Darbietung. Diese Ko-Existenz machte so viel mit den Zuschauer*innen. Oder jetzt auch wenn ich die Kinder sehe, vor denen ich spiele. Diese Fantasiewelt, das Theater, das einen wahnsinnig mitnehmen und rausretten kann aus dieser Scheißrealität, in der wir gerade sind, das ist total zauberhaft und ich glaube das ist überlebensnotwendig und das darf man nicht kleinreden. Dafür müssen wir kämpfen und wir Kulturschaffenden müssen sagen, doch, wir sind wichtig. Für alle, die seelisch irgendwie gesund bleiben wollen, sind wir wahnsinnig wichtig. Auch diesen Diskurs, dieses Gefäß zu haben, in dem wir alle miteinander nachdenken können, hypothetisch. Oder eben fantasievoll. Ich glaube, das ist alles Kultur.

Gerade Kunst ist ein Beruf, der häufig falsch gesehen wird, unterschätzt wird, Stichwort brotlos etc.

Was glaubt ihr, wissen die meisten Leute nicht über euren Beruf, berufliche Bedingungen, usw.?


Katharina: Ich finde es schon faszinierend, dass selbst Schauspieler*innen, die an Theatern angestellt sind, so wenig Ahnung davon haben, was man als Freiberuflerin so macht. Eben Akquise, ganz viel am Computer sitzen, Daten von einem selbst in gefühlt fünf gleichen Varianten in Karteien eingeben und immer Kontakte warmhalten. Im seltensten Fall ruft dich einer an und sagt „willst du hier mitspielen?“. Das passiert mal, ja schon. Aber auch nur, wenn du wirklich überall präsent bist. Und ich bin jetzt noch nicht mal auf Instagram. Aber da ist ein unglaublicher Druck, immer überall gleichzeitig sein zu müssen.

 

Edzard: Ich muss aus meinem Kosmos nicht raus und entsprechend ist es für mich selten, dass ich mit jemandem zu tun habe, der echte Misconceptions über meinen Job hat. Ich kann das eigentlich nur in die positive Richtung nennen, dass die Leute sich den wahnsinnig toll vorstellen und das Gefühl haben, ich amüsiere mich die ganze Zeit nur. Diese Erkenntnis, dass Unterhaltung zu produzieren und ein unterhaltendes Produkt zu sein wahnsinnig viel Arbeit ist, die für uns Musiker*innen auch gilt und eben nicht nur für Schauspieler*innen, das ist teilweise noch nicht so ganz angekommen in der Wahrnehmung nach außen. Ich muss dann den Leuten immer wieder erklären, du, ich muss so und so viel arbeiten und wir gehen nicht einfach auf die Bühne und machen schön Musik, sondern da steckt ganz viel Vorbereitung dahinter und ganz vieles landet auf dem Werkstattboden und kommt genauso in die Tonne, ohne dass es je ein Publikum sieht. Also die Leute stellen sich meinen Job eher zu schön vor.

 

Katharina: Auch gerade mit dem Üben oder körperlich fit bleiben ist es so, dass es auf jeden Fall unterschätzt wird von Leuten, die nicht in dem Bereich arbeiten. Das ist ein wahnsinnig wichtiger Part, der nicht immer Spaß macht.

Das ist doch ein super Schlusswort.

Habt ihr denn abschließend eine Produktion, an der ihr gerade arbeitet, auf die ihr gerne hinweisen würdet?


Edzard: Eine Aufzeichnung von Triptychon, der Oper von Puccini, die hat am 9. Mai Streaming Premiere. Am besten mal Staatstheater Wiesbaden Streams suchen, da sieht man mich dann.

 

Katharina: Ich habe eine Produktion mit dem Kollektiv Nebenan. Wir haben ein Programm aus acht Monologen von Ingrid Lausunds „Monologe für zuhause“ zusammengestellt. Uns kann man buchen, indem man zwei, drei oder alle vier Schauspieler*innen bucht. Es sind sehr lustige Monologe von Figuren, die nebenan wohnen könnten. Sehr komische Zeitgenoss*innen. (www.kollektiv-nebenan.de)

Über die Interviewten

Edzard Locher hat in Zürich klassisches Schlagzeug studiert und ist seit 2016 am hessischen Staatstheater in Wiesbaden als Soloschlagzeuger angestellt.

Katharina Heißenhuber hat in Zürich klassischen Gesang und Schauspiel studiert, war von 2015 bis 2017 am badischen Landestheater fest angestellt und ist seit Sommer 2017 freiberuflich tätig im Bereich Schauspiel, Gesang, Theater- und Musikpädagogik.

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