Männern gehört die Welt –
eine Woche bauma
Lilly | 17.04.2025
Rund 600.000 Leute aus über 200 Ländern tummelten sich letzte Woche auf der bauma – wo auf der messeeigenen Website von “Besucherinnen und Besuchern” die Rede ist, ist das Gendern hier beinahe überflüssig. So divers deren Herkunft, so wenig FLINTA*s waren dort anzutreffen. Genauso fühlt es sich auch an, als Frau das Gelände zu betreten, dort, wo die Kräne ausgestellt sind; dieser wahrgewordene Kleinjungs-Traum, der wirkt wie eine aufgeblasene Playmobilwelt. Die Blicke, die an meinem und den Dirndln meiner Kolleginnen hängen bleiben, lechzen “geil, Frau!”, als wären wir die ersten, die sie in ihrem Leben sehen.
Der Job als Hostess ist an sich schon fragwürdig und zeigt patriarchale Strukturen auf. Junge Frauen auf Messen, die sich thematisch an Männer wenden, als Deko, als Sahnehäubchen – würde man ebenfalls Männer dort platzieren, würde es wohl kaum so gut funktionieren. Trotzdem könnte man meinen, das Geschäft hätte sich verändert, schließlich kann ich aus eigener Erfahrung sagen, es gibt mittlerweile bei vielen Einsätzen auch “Hosts” (wie unterschiedlich hier die Konnotationen sind!), kurze Kleider und hohe Schuhe kommen nur noch selten zum Tragen und häufig handelt es sich lediglich um Tätigkeiten wie Akkreditierung, Wegweisung oder Organisatorisches. Nicht aber auf der bauma.
Hier bedeutet Männlichkeit noch Traktoren, Kräne und Bier, aus eigener Erfahrung wohl auch, junge, teilweise minderjährige Frauen auf platteste Weise anzugraben, “Mäuschen”, “Püppchen” und Ähnliches zu nennen, und dann vollkommen besoffen hinter einen ausgestellten Laster zu pissen. Hier gilt wie immer: Je jünger die Frau, desto geiler, schließlich finden Männer jeden Alters Frauen Anfang 20 am attraktivsten.Da könnte man jetzt sagen, ja, das ist halt diese Klientel, um sich wie immer von den anderen, den “bösen” Männern, den “Idioten” abzuheben. Wann aber endlich verstehen, dass das Strukturen sind, nicht einfach Einzelpersonen? Wann eingreifen, wenn in der eigenen Anwesenheit eine junge Frau von einem dreimal so alten Mann um ein “Date” gefragt und vor zehn anderen Männern sexualisierend zur Schau gestellt wird?
Neulich in der Kommentarspalte unter einem Promo-Reel des Songs
“Hey Hübscher” von Sandra Hesch, in dem sie polemisch Männerklischees auf Frauen ummünzt und dadurch deren absurdes Verhalten aufzeigt: Ein Mann äußert, dass sie wohl einfach Pech gehabt habe mit ihrer Männerwahl, schließlich kenne er niemanden, der so sei, das hieße ja auch, dass in dem Umfeld aller Frauen solche Leute anzutreffen wären? Während zig Flinta*s in den Kommentaren bestätigen, dass der Song den Nagel auf den Kopf trifft, während wir überall und ständig darüber reden, was uns tagtäglich widerfährt, ob es nun die kleinen oder großen, die subtilen oder offensichtlichen, intentional maskulinistischen oder versehentlichen Dinge sind, es wird wie immer individualisiert und “Einzeltäter” als “Monster” oder “Deppen”, “Arschlöcher” oder sonstiges abgetan, um sich bloß nicht damit identifizieren und die Verantwortung übernehmen zu müssen.
Das alles funktioniert nur, weil Frauen das Netz aus sozialer Verantwortung sind, auf dem die Männer Trampolin springen.
Schließlich ist Verantwortung ja auch ziemlich spaßbefreit, das muss frau einfach verstehen! Männer als “Kindsköpfe”, Frauen als “Spielverderberinnen”, wie es sämtliche Komödien aus den vergangenen Jahrzehnten zeigen – dieses Framing ist eine Strategie, Verantwortung als etwas Nerviges und Lebensfreude Abtötendes darzustellen. Die Männer, die wollen halt einfach Spaß haben, deshalb haben Frauen auch keinen Platz auf Männertrips und Vatertagen. Dass das alles nur funktioniert, weil Frauen die emotionale Arbeit leisten, das Netz aus sozialer Verantwortung sind, auf dem die Männer Trampolin springen, wird ignoriert. Die bauma zeigt den globalen Querschnitt, Männer, die ihre Hände nicht bei sich behalten können, die keine Rücksicht nehmen, kaputt machen, glotzen, sich daneben benehmen, sodass frau sich beinahe fühlt, wie im Kindergarten, nur, dass hier eben ein ganz anderes Machtgefälle herrscht und es halt auch einfach saugefährlich ist.
Abends fährt die Polizei ihre letzte Runde, anscheinend alles ruhig, “keine Ausfälle”. Was ist aber mit all den Männern, die die ganze Woche die Stadt belagern, in U-Bahnen pöbeln und graben, die den Bordellen einen die Wiesn übertreffenden Umsatz bescheren? Was ist mit den vielen Mikromachismen, denen wir als Hostessen den ganzen Abend und als Flinta*s ständig und immer ausgesetzt sind? Das einzig Schöne, beinah Utopische, ist die Kloschlange, die sich einmal nur vor der Männertoilette bildet, während wir ein und aus gehen können. Naja.