von der Redaktion veröffentlicht
Zahlen zeigen deutlich: Verhütung ist bis heute Frauensache. Für Männer gibt es ohnehin keine marktfähigen Methoden - oder? Vielleicht haben manche von euch schonmal von der Vasektomie gehört, der reparablen Sterilisation des Mannes. Wäre sie eine Alternative zur ständigen Hormoneinnahme? Gedanken und Zahlen rund um die Vasektomie.
Letztens habe ich mal wieder wunderbar professionell prokrastiniert. Ich habe mir an einem Tag die zweite Staffel der Serie Sex Education angeschaut und ziemlich am Ende fiel dann auch mal ganz kurz das berüchtigte Wort: Vasektomie. Meine Enttäuschung war groß, da nicht mehr genauer darauf eingegangen wurde, was genau das ist, was dabei gemacht wird oder warum man das überhaupt machen lässt. Die Tatsache, dass in diesem Fall trotz Vasektomie eine Schwangerschaft zustande kam, rückte die Vasektomie natürlich nicht ins beste Licht.
Aber zur Sache: Unter einer Vasektomie versteht man die Sterilisation des Mannes, um eine ungewollte Schwangerschaft zu umgehen. Die Figur in Sex Education hatte das Pech die eine von 1000 zu sein, die trotz Vasektomie schwanger wird, denn so hoch ist die Wahrscheinlichkeit. Im Vergleich liegt beim Kondom die Wahrscheinlichkeit bei 6:1000. In Fachkreisen wird die Wahrscheinlichkeit von Verhütungsmethoden mit dem sogenannten Pearl-Index angegeben. An diesem können wir sehen, wieviele Frauen (unter 100 Probandinnen) innerhalb eines Jahres, trotz Verhütung, schwanger geworden sind. Nach einer durchgeführten Vasektomie liegt der Pearl-Index bei 0,1. Verhütungsmethoden, die mit einer Vasektomie mithalten können, sind die Antibabypille (0,1 - 0,9) und die Kupferkette (0,1 – 0,5). Die meisten werden jetzt wahrscheinlich denken, dass eine Vasektomie vielleicht für einen 50-Jährigen dreifachen Vater in Frage kommt, jedoch nicht für einen 25-Jährigen jungen Mann. An dieser Stelle muss ich erwähnen, dass es sich um einen reversiblen Eingriff handelt. Der Eingriff lässt sich also rückgängig machen. Es ist möglich eine Vasovasostomie durchzuführen, sprich eine Rückoperation. Die Erfolgsraten variieren hier abhängig von der vergangenen Zeit der Vasektomie. Die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft liegt bei etwa 70 bis 75%, wenn die Sterilisation weniger als 3 Jahre her ist, und bei etwa 30%, wenn die vorherige Vasektomie bereits vor 15 Jahren erfolgte. Hier ist wichtig zu erwähnen, dass auch sonst die Schwangerschaftsrate extrem schwankt und auch stark von Fruchtbarkeit der Frau sowie dem Alter abhängt.
(siehe https://www.vasovasostomie.de/vaso-vasostomie/)
Im Rahmen einer kleinen Umfrage unter Männern konnte ich herausfinden, dass die Mehrheit angibt, zu wissen, was unter dem Begriff Vasektomie verstanden wird. Jedoch schreibt auch die Mehrheit, dies nicht in Betracht zu ziehen, da es endgültig sei. Kann man es den Probanden verübeln? Wer beschäftigt sich denn schon tiefgreifend mit allen möglichen Verhütungsmethoden? Naja, wahrscheinlich vor allem Frauen, denn seit jeher wird die Verhütung gerne als Aufgabe der Frau angesehen. Natürlich werden junge Männer immer besser aufgeklärt, aber trotzdem bleibt Verhütung Aufgabe der Frau. Viele sehen sich nicht in der Verantwortung etwa bei den aufkommenden Kosten der Freundin mitzuzahlen oder gar selbst nach einer weniger hormonbelastenden Methode zu suchen. Ich versteh schon, es ist anstrengend, weil es soooo viele gibt und naja, wir haben ja sowieso fast keine Zeit und dann auch noch die ganzen Nebenwirkungen checken? Frauen betreiben diesen Aufwand schon ewig. Die, die nicht die Muße dazu haben, greifen dann halt zur schnellsten Lösung: der Pille.
Als ich anfing, mich intensiver in die Thematik einzulesen, habe ich mich natürlich auch mit der Sterilisation der Frau beschäftigt. Wie bei der Vasektomie ist hier eine Rückoperation möglich, jedoch liegt die Erfolgsrate deutlich geringer, nämlich zwischen 30 und 70%. (s. https://www.familienplanung.de/kinderwunsch/behandlung/refertilisierung-der-frau/) Bei dieser geringen Erfolgsrate habe ich mir dann doch mehr Gedanken gemacht und überlegt, ob es mir dieser Eingriff wert wäre. Narben? Vollnarkose? Und dann auch noch eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das sexuelle Empfinden stark eingeschränkt wird? Ich weiß nicht. Und da habe ich dann auch die Unsicherheit der Männern in Bezug auf die Vasektomie verstanden. Solche Eingriffe will natürlich keiner einfach so machen lassen. Eine Sterilisation durchführen zu lassen ist eine schwere Entscheidung und sollte gut überlegt sein. Jedoch kann dies auch nur gemacht werden, wenn man überhaupt weiß, dass es diese Möglichkeit gibt, wie das abläuft und was für Risiken es gibt. Im heutigen Sexualkundeunterricht (zumindest in dem, den ich hatte) wird jedoch der Fokus nur auf Pille und Kondom gerichtet, was dem gesamten Prozess eines offeneren Umgangs mit diesem Thema sehr im Weg steht.
Es liegt nahe,
dass die Verhütung Aufgabe der Frau bleiben wird
– auch wenn es irgendwann mal eine massentaugliche Pille für den Mann geben sollte – da Frauen sich sowieso schon damit auseinandersetzen. Die meisten Frauen nehmen entweder schon die Pille, den Nuvaring oder haben zum Beispiel die Kupferspirale eingesetzt bekommen. Warum sollte dann der Mann auf einmal selbst eine Pille nehmen oder sich einer Vasektomie unterziehen?
„Eine Vasektomie wäre für mich keine Option. Da ich gern Kinder haben würde. Man kann Sie zwar wieder rückgängig machen soviel ich weiß. Aber eine hundertprozentige Garantie für Nebenwirkungen gibt es nicht“, so eine
Aussage Rahmen der Umfrage.
Aber was gibt es denn überhaupt für Methoden für den Mann? Die Vasektomie haben wir ja schon kennengelernt - und dann ist da natürlich das bekannteste Verhütungsmittel überhaupt: das Kondom. Erwähnenswert ist, dass die WHO im Jahr 2011 eine Pille für den Mann an 300 Männern testen ließ. Dieser Versuch wurde jedoch vorzeitig abgebrochen, da einige Probanden über Nebenerscheinungen wie Kopfschmerzen, Akne und Depressionen klagten. Fällt etwas auf? Hier mal ein Ausschnitt der Nebenwirkungen einer Antibabypille:
Häufig auftretende Nebenwirkungen (zwischen 1 und 10 von 100 Anwenderinnen können betroffen sein):
Kopfschmerzen
[...]
Gelegentlich auftretende Nebenwirkungen (zwischen 1 und 10 von 1.000 Anwenderinnen können betroffen sein):
Depressive Verstimmung
Akne
Haarausfall (Alopezie)
Hautausschlag (einschließlich fleckenartiger Hautausschlag)
Juckreiz (teilweise über den gesamten Körper)
[...]
Wer mehr erfahren möchte, nur zu: https://studylibde.com/doc/11793195/beipackzettel-maxim®-überzogene-tabletten
Liebe Männer, mit diesen Nebenwirkungen haben Frauen seit Ende der 1960er zu kämpfen!
Dass eine ausführlichere Aufklärung – in der Schule oder einfach nur innerhalb des Freundeskreises – her muss, steht fest. Denn Verhütungsmethoden dürfen auch für Männer nicht mehr als Tabuthema gelten, da es sich nicht um eine reine Frauensache handelt! Wenn man verhüten will sollte es schließlich im Interesse aller Partner sein, einer Schwangerschaft sowie sämtlichen Geschlechtskrankheiten vorzubeugen.