Who runs the world ?
Zuerst einmal vergleichen wir die politische Agenda der beiden Kandidaten auf ihre wesentlichen Unterschiede:
Thema | Donald Trump | Joe Biden |
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Pandemie / Krisenmanagment | Corona-Task-Force | Kostenlose Corona-Tests |
10 Mio. Dollar für Coronavirus-Behandlungen | LandesweiteTestzentren und Maskenpflicht | |
Bekämpfung des Klimawandels | Austritt aus Pariser Klimaabkommen spiegelt seine Haltung wider: Keine Umweltschutzvorkehrungen in Planung | Wiedereintritt in Pariser Klimaabkommen |
USA soll bis 2050 emissionsfrei sein und in grüne Energie investieren | ||
Wirtschaft | Senkung der Einkommenssteuer und Steuergutschriften für Unternehmen | Erhöhung der Steuern für Besserverdienende und eine Anhebung des bundesstaatlichen Mindestlohns auf 15$/Stunde |
Gesundheitswesen | Gescheiterter Versuch Obamacare bzw. Affordable Care Act (ACA) aufzuheben; ein Gesetz durch das die Verweigerung des Versicherungsschutzes für Menschen mit Vorerkrankungen illegal gemacht wurde | Erweiterung der Obamacare Pläne, außerdem soll das Alter für die Inanspruchnahme von Medicare (medizinische Leistungen für ältere Menschen) auf 60 Jahre gesenkt werden und eine öffentliche Krankenversicherung etabliert werden |
Außenpolitik | Investitionen in das Militär, gleichzeitig aber Verringerung der Truppenstärke im Ausland | Ziel, internationale Kooperationen und Verträge wiederherzustellen |
Weiterhin werden internationale Abkommen oder Handelsbeziehungen in Frage gestellt werden | Zölle gegenüber anderen Staaten (China, Kuba, etc.) sollen abgeschafft werden | |
Polizeibehörde | Verfechter der „harten“ Strafverfolgung | |
Systematischer Rassismus in der Polizei wird negiert, dennoch Versprechen für Zuschüsse „verbesserter“ bisher aber undefinierter Praktiken | Bekämpfung von ethnischen Unterschieden im Justizsystem durch Zuschüsse für Staaten zur Senkung von Inhaftierungszahlen, Entlastung und Abschaffung einzelner Polizeistränge wird jedoch abgelehnt | |
Waffen | Selbst nach Massenerschießungen im Jahr 2019, keine Maßnahmen durchgesetzt zur Verschärfung des Second Amendment | Universelle Zulässigkeitsüberprüfungen bei dem Verkauf von Waffen |
Außerdem ein Verbot von Angriffswaffen und die Förderung der Forschung zur Verhinderung von Waffengewalt |
Zusammenfassend möchte Joe Biden all die politischen Maßnahmen von Trump rückgängig machen und die gewohnte liberal, konservative Politik der Vergangenheit wieder aufnehmen.
Für die Wahl eines Präsidenten mag die inhaltliche Position der beiden Kandidaten für Politikinteressierte entscheidend sein, doch in den USA ist vor allem der Personenkult entscheidend – also, was die Kandidaten verkörpern und wer sich mit ihnen identifizieren kann.
Die Wählerschaft der Kapitalisten
Die zerstreute Arbeiterklasse
Auf der anderen Seite zählt zu den Trump-Anhängern die einfache weiße Arbeiterklasse, die sich mehr und mehr aus faschistischen Rechten zusammensetzt. Das Gefährliche an dieser Bewegung ist, dass sie sich inhaltlich sehr einig ist, sich gut organisiert und vereint hinter einem rassistischen Präsidenten an der Spitze stehen. Dadurch entsteht das Bild, als Bewegung bis in den Staatsapparat Einfluss ausüben zu können. Zusammen mit einer Ideologisierung und Mobilisierung auf YouTube, in diversen alternativen Medien, in Polizeigewerkschaften, aber auch in zivilen Zusammenschlüssen wie in Männervereinen kann dies eine enorme Wirkung auf Wähler*innen und eine immense Gefahr für die Demokratie bedeuten. Der große Feind: Kommunismus in der demokratischen Partei.
Die antidemokratische Ideologie
Schon 2016 hat Trump im TV-Duell gegen Hillary Clinton angekündigt, sein Amt nicht mehr niederlegen zu wollen. In einer Demokratie sind bestimmte Verhaltensweisen in politischen Prozessen wie der Wiederwahl oder im Parlament internalisiert. Jedoch bricht dieses System gerade zusammen, da der Präsident sich weigert, diese Werte und Regeln zu beachten.
Außerdem gibt es einige Lücken in der Verfassung, die hierfür ausgenutzt werden können. Ein Mechanismus wird auf jeden Fall die Anfechtung der Briefwahl sein. Hierfür kann Präsident Trump die 6 Wochen nach der Wahl am 03. November bis zur Vereidigung am 6. Januar nutzen. Eigentlich ist die Zeit für einen fließenden Übergang in eine neue Verwaltung gedacht, wo sämtliche Positionen ausgetauscht werden. Die Verfassung der Vereinigten Staaten sichert jedoch keine friedliche Machtübergabe.
Trump kann zusätzlich diesen Zeitraum dafür nutzen, das Problem mit den Wahlzertifikaten ZU SEINEM Vorteil zu entwickeln. Wie bei der Wahl 2016, als Hillary Clinton die Wahl knapp verlor, obwohl sie die meisten Wähler*innenstimmen erreicht hat, liegt das im Kern an der Rolle der Wahlleute in den USA. Das Mehrheitswahlsystem gibt vor, dass Präsident wird, wer die Hälfte aller Wahlleute (270 von 538) der einzelnen Bundesstaaten für sich ergattern kann. Somit ist es essentiell, die bevölkerungsreichsten Staaten für sich zu entscheiden, da diese die größte Zahl an Wahlleuten stellen dürfen. Diese sogenannten Swing-States sind beispielsweise Pennsylvania, Michigan und Wisconsin, deren politische Führung sehr gespalten ist. Die Mehrheit im Parlament haben die Republikaner, jedoch stellen die Demokraten die Gouverneure. Normalerweise kümmern sich die Gouverneure um die Wahlzertifikate, die alle Namen der gewonnen Wahlmänner mit politische Zugehörigkeit enthalten. Es ist in dieser Wahl vorstellbar, was 1876 bereits geschah: Dass in einzelnen Staaten auch das Parlament eigene Wahlzertifikate abgeben kann. Der Jura Professor Lawrence Douglas schildert in einem Interview dabei ein beunruhigendes Bild:
„Einer der wichtigsten Swing-States ist Pennsylvania. Nehmen Sie an, die Wahl in Pennsylvania ist extrem knapp. Joe Biden gewinnt mit ein paar Stimmen Mehrheit, aber das Trump-Lager ficht das Ergebnis an, weil es irgendwelche Unregelmäßigkeiten gegeben habe. Nun ist es denkbar, dass der Gouverneur von Pennsylvania, ein Demokrat, erklärt, die Wahlmänner gehen an Biden, und einen entsprechenden Brief an den Kongress in Washington, D. C., schickt. Zugleich könnte das Parlament von Pennsylvania, in dem die Republikaner die Mehrheit haben, Donald Trump zum Wahlsieger erklären und ihm bescheinigen, dass er die Wahlmänner sicher hat. In Washington kommen also widersprüchliche Ergebnisse an. […] Hinzu kommt, dass auch der Kongress in Washington, D. C., gespalten ist: Die Republikaner haben die Mehrheit im Senat, die Demokraten im Repräsentantenhaus. Und das könnte im Fall eines sehr knappen Wahlausgangs weitreichende Konsequenzen haben, Konsequenzen, wie wir sie noch nie in der US-amerikanischen Geschichte erlebt haben.“
Eins bleibt sicher: Diese Wahl wird starke Turbulenzen hervorrufen. Die amerikanische Gesellschaft muss sich auf einen neuen gesellschaftlichen Konsens einigen und die politische Ordnung neu legitimieren. Wer wird diese Dinge neu justieren?
Eine Möglichkeit sind außerparlamentarische Protestbewegungen in Form von Generalstreiks. Beispielsweise könnte die pluralistische Linke mit einem Generalstreik wie zum Beispiel die Arbeitsverweigerung von Spieler*innen in der Basketball-Profiliga und andere Formen des Protest ihre Idee von Amerika voranbringen. Dem gegenüber werden aber auch faschistische und gewaltbereite Bewegungen ihren Platz auf der Straße markieren. Gestärkt durch Polizei-Gewerkschaften können Massenproteste der BLM, wie in vergangenen Szenarien diesen Jahres, sehr gewaltsam niedergestreckt werden. Angefeuert würden diese wiederum von einem wilden Präsidenten auf Twitter, der bestimmt von „Putsch“-Versuchen und seinem eigenen Wahlsieg sprechen wird.
Hoffentlich endet diese Wahl mit einem klaren Sieg für Joe Biden oder die Mehrheit der Demokraten in beiden Häusern des Kongresses, denn dann bleibt es schwer für Donald Trump, das Wahlergebnis anzufechten.
Quellen:
- https://www.bbc.com/news/election-us-2020-54507550
- https://www.zeit.de/politik/ausland/2020-06/lawrence-douglas-usa-donald-trump-wahlkampf-briefwahl-manipulation-wahlniederlange/komplettansicht
- https://www.pbs.org/newshour/extra/2020/07/will-trump-leave-office-an-interview-with-prof-lawrence-douglas/
- https://www.arte.tv/de/videos/094279-151-A/verfassungsfallen-wie-trump-sich-ganz-legal-an-der-macht-halten-koennte/
- https://www.washingtonpost.com/elections/2020/trump-policies-vs-biden-policies/
- https://www.akweb.de/politik/trump-biden-usa-wahlen-putsch-oder-proteste/