WirhassenMaenner

Wir hassen Männer nicht*

*nur das Patriarchat 


Lilly | 05.11.20

Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft es mir immer noch begegnet, dass Menschen auf die Aussage, ich sei Feminist*in, denken, ich  würde mir ein Matriarchat wünschen (how?) und Männer an sich verabscheuen. BH-Verbrennende Hexen und so, ihr kennt das. Sicherlich sagen die Leute das so nicht, aber wenn sie einem dann „ich finde ja, Männer und Frauen sollten einfach gleich(berechtigt) sein“ entgegnen, wird klar, dass sie sich noch nicht wirklich mit Feminismus auseinandergesetzt haben. 

Der Witz an Feminismus ist natürlich, dass alle gleichberechtigt sind, aber das muss ich hier wahrscheinlich nicht erklären (oder?!). Trotzdem spielen Männer dabei eine erhebliche Rolle, weil sie oft diejenigen sind, die eine Gleichberechtigung verhindern oder ausbremsen. Und ich spreche hier noch gar nicht von Politikern und anderen mächtigen alten weißen Männern, sondern einfach von den MIMIMI-Menschen, die, anstatt sich mal anzuhören, was man so zu sagen hat, sofort alles auf sich beziehen und die beleidigte Leberwurst spielen. 
Ich hatte in letzter Zeit oft die Situation - dabei ging es um Themen wie Rape Culture oder auch um die BLM-Bewegung - dass Männer in meinem Umfeld nicht akzeptieren konnten, dass es hierbei einfach nicht um sie geht. Von „Rassismus gegen Weiße“ über „All lives Matter“ bis hin zu einer „Boys will be boys“ - Argumentation und Mansplaining-Taktiken wird alles ausgepackt. Ausgehend von meiner Social Media Bubble frage ich mich dann ernsthaft,  wie es sein kann, dass denjenigen nicht klar ist, wie Cliché sie gerade sind und wo die eigentlich die letzten Monate gelebt haben (hinterm Mond obviously). 

Die Liste ist lang 

Wenn man als Frau darüber spricht, wie schlimm Sexismus und Rape Culture sind, dass man nachts Angst hat, wenn man nach Hause geht, dass Männer übergriffig sind usw. fühlen sich männliche Gesprächspartner gern sofort persönlich angegriffen und beginnen zu argumentieren. Die Zahlen stimmen nicht, solltest du mal besser recherchieren. Männer sind auch von sexualisierter Gewalt betroffen. Natürlich nehme ich das persönlich, ich bin ja auch ein Mann.
Jajaja, nOt AlL mEn, ist klar. Ich habe aber mit keinem Wort gesagt, dass du das machst Herbert, wenn du also kurz nachdenkst und dann findest, dass du kein Vergewaltiger bist, dann sei bitte still und hör mir einfach zu. Was übrigens nicht heißt, dass du in Zukunft nicht dein Verhalten gegenüber Frauen reflektieren sollst. Tu das bitte immer
Natürlich dürfen Männer über Feminismus reden. Sie dürfen über Umsetzung nachdenken und sagen, wie sie Dinge erleben und vor allem Fragen, was sie selber tun können. Aber sie sollten niemals Betroffenen ihre Erfahrungen absprechen oder diese relativieren, nur weil sie selber „niemanden kennen der so ist“ oder da so ein Cool Girl ist, die das „alles gar nicht so schlimm“ und Feminismus „übertrieben" findet. 
Keine Ahnung, wieso es Männer bedroht, wenn man von Männern spricht, die irgendwas Blödes machen. Wie oft verallgemeinern wir Dinge, wo klar ist, dass nicht alle damit gemeint sind? „Die Deutsche Bahn kommt immer zu spät" - nOt aLl TrAinS. Und lasst uns nicht darüber reden, wie oft Frauen standardmäßig Überemotionalität (oder auch „Hysterie“), Eitelkeit oder der Mutterinstinkt zugeordnet wird. Oder auch, das sie nicht Autofahren können. Die Liste ist lang

Du bist eh super 

Ich kann mir das nur so erklären, dass man sich mit dem gesellschaftlichen Bild des Mannes sehr stark identifiziert. Man hat wohl ein sehr Positives davon (wie es halt auch weitergegeben wird) und wenn jemand das ankratzt, ist das bedrohlich. Wacht bitte auf, Männer werden in unserer Gesellschaft zu Menschen erzogen, die es nicht ertragen können, wenn man sie kritisiert, weil sie doch gelernt haben, dass sie eh super sind und ohne irgendwas tun zu müssen überall selbstverständlich ihren Platz haben. Sie nehmen sich was sie wollen, weil sie haben doch ein Recht darauf, und wenn du dich so anziehst, dann willst du ja, dass man dich anspricht usw. 
Es geht hier nicht um Schuld. Es geht um eine Verantwortung. Darum, andere Männer outzucallen, auch wenn es einem „uncool“ vorkommt. Männern nicht alles hinterherzutragen, sondern sie selber machen zu lassen. Jungs zu respektvollen und eigenständigen Menschen zu erziehen, die die Grenzen anderer Personen achten können. Ja, Mädchen auch, aber das ist in der Regel nicht das Problem.

Individualisierung bringt nichts
 
Also bitte, wenn das nächste Mal irgendein Thema aufkommt, wo ihr merkt, das nOt alL MeN liegt schon auf der Zunge - schluckt es runter. Denkt einen Moment nach. Wieso bedroht es mich? Bin ich persönlich gemeint? Geht es um mich? Wenn von Männern die Rede ist, wird meist das patriarchale Konstrukt, der Mann als Machthaber und Unterdrücker kritisiert. Das heißt, dass alle von diesem Bild geprägt sind, weil sie damit nunmal aufwachsen, aber viele sind selbst trotzdem nicht so. Es ist aber halt egal, ob du eine Frau kennst, die sich nicht mit Feminismus identifiziert. Genauso ist es uninteressant, von homosexuellen Freund*innen zu erzählen, die finden, dass „schwul" als Schimpfwort okay ist oder dass man einen Menschen mit Behinderung kennt, der auch „nicht mit Samthandschuhen“ angefasst werden will und ableistische Sprache toleriert. Wir sprechen hier über systemische, strukturelle Benachteiligung und Diskriminierung.
Betti sei still

Ich erlebe oft, dass gerade junge Männer, die vielleicht in Familien aufgewachsen sind, wo es viele Frauen gab, die vielleicht Zuhause „die Hosen an“ hatten, denken, dass es keinen Sexismus gibt, weil halt noch nie jemand vor ihnen „Frauen sind scheiße“ gesagt hat. 
„Wo siehst du denn, dass wir in einem Patriarchat leben?“, werde ich gefragt, während mir zwei Männer erklären, warum es angeblich keinen Sinn ergibt, zu gendern. Das ist halt dann der Knock-Out Moment: „Ähm…Nachts auf der Straße, Medizin, Politik, Arbeit…“ - “Ja, aber das ist doch jetzt gar nicht das Thema“. Überall verdammt, natürlich ist das das Thema! Aber man hat sich schon verzettelt und hat keine Chance gegen sie, weil sie es halt nicht sehen wollen und die Betti doch sagt, sie fühlt sich nicht diskriminiert als Frau.  

Bitte macht die Augen auf. Wir hassen euch nicht, liebe Männer. Nur, wenn ihr euch kacke verhaltet und das Patriarchat leugnet. Seid aufmerksam, hört zu, lest. Lebt eure Männlichkeit, wie sie euch gut tut, solange ihr dabei niemandem schadet (und hier gibt es ein Kleingedrucktes). Es gibt viele feministische Autor*innen die schon viel aufgeschrieben haben, da müssen wir nicht jedes mal wieder bei Adam anfangen zu erklären, ja? Danke.  

Bitte beachtet, dass ich vollkommen zufällig die Namen ausgewählt habe und einfach persönlich keine Betti und keinen Herbert kenne. Vielleicht seid ihr aber auch coole Bettis und Herberts, nehmts mir bitte nicht übel :)

    Das Bild hier? na Sex sells natürlich!

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