Stella | 09.05.2021
Wenige gesellschaftliche Bereiche sind von der Corona-Krise so stark betroffen wie die Kunst und Kultur. Seit November warten Theater, Kinos, Konzertsäle etc. jetzt darauf, wieder aufmachen zu dürfen. Künstler*innen befinden sich in Kurzarbeit oder akuter Existenznot.
Dabei macht die Kultur einen riesigen Sektor der deutschen Wirtschaft aus. Inkludiert sind hier auch z.B. Architekt*innen, Designer*innen und Computerspielentwickler*innen. Geprägt wird die Kulturwirtschaft aber vor allem von Freiberufler*innen sowie Klein- und Kleinstbetrieben. Um ein paar Größenverhältnisse zu veranschaulichen, hier ein paar Zahlen: 2019 erwirtschaftete die Kunst- und Kulturbranche in Deutschland rund 106,4 Milliarden Euro, damit liegt sie auf Platz 2 der finanziell bedeutendsten Wirtschaftszweige. Nur der Fahrzeugbau brachte noch mehr Geld ein. An der Kulturbranche hängen außerdem rund 258.790 Unternehmen und 1,2 Millionen Kernerwerbstätige. 20,9 Prozent der Beschäftigten arbeiten selbstständig.
Aber nicht nur wirtschaftlich ist Kunst wichtig. Kunst und Kultur ist ein wichtiger Faktor für psychisches Wohlergehen, ein Diskursmedium (mit deutlicher Distanzierung von #allesdichtmachen!), eine Möglichkeit, sich und andere Themen zu hinterfragen, gesellschaftliche Reflektion zu betreiben, nachzudenken, sich zu bilden.
Der Tagesspiegel bezeichnete Kunst sogar vor knapp einem Jahr als überlebensnotwendigen Sauerstoff für die Demokratie.
Begründet wird das aufgrund des diskursiven Charakters der Kunst und der Chance wegen, sich durch dieses Medium mit “existenziellen Fragen des Menschseins, auch und gerade in Zeiten, in denen Gewissheiten brüchig werden und gesellschaftliche Fundamente sich als fragil erweisen” auseinanderzusetzen. Neben Diskurs ist Kunst und Kultur außerdem mit das einzige Medium, was während Corona noch konsumiert werden kann (Livestreams, Netflix, auch Bücher sind Kultur!). Sie wird, wenn nicht vor der Pandemie schon, so jetzt besonders für viele Menschen zum einzigen Lebensinhalt neben Arbeit, Partner*in und Familie. Der Ausgleich ist wahnsinnig wichtig, gerade wenn soziale Kontakte und Abende in Restaurants wegfallen (das Problem, dass die Gastro nach wie vor zu ist, ist noch mal ganz für sich zu betrachten).
Warum also wird die Kunst und Kultur weiterhin im Corona-Diskurs missachtet bzw. hinten angestellt? Theater, Opernhäuser, Kinos etc. haben Geld und Mühe darauf verwendet, ausgeklügelte Hygienekonzepte zu entwickeln, Pilotprojekte z.B. mit Schnelltests direkt im Theater wurden gestartet. Der Umsatz geht den Bach herunter, Beschäftigte stehen kurz vor oder sind bereits in der Arbeitslosigkeit und trotzdem ist keine Öffnung in Sicht.
Über die nächsten Wochen hinweg möchten wir uns mehr mit Kunst und Kultur während Corona befassen. Denn wir sind der Meinung: Ohne kUNSt und Kultur wird’s still.
Disclaimer:
Wir fokussieren uns vorrangig auf Bühnenkunst. Wir erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern geben in erster Linie Erfahrungen und Kommentare wieder.