INTERVIEW
Interviewfragen von Xaveria | 12.05.2021
Im Rahmen von ohne kUNSt und Kultur wird’s still haben wir mit vier Künstler*innen über den Arbeitsalltag selbstständiger und festangestellter Künstler*innen vor und nach Corona gesprochen.
Nach Katharina Heissenhuber und Edzard Locher haben wir außerdem eine festangestellte Maskenbildnerin und die freie bildende Künstlerin Eliane A. interviewt.
Eliane A.
Alter: 37
Beruf: nebenberufliche/freischaffende Künstlerin
Woran arbeitest du im Moment?
Zurzeit arbeite ich an einer Ausstellung, aber wegen Covid weiß man noch nicht, ob sie stattfinden kann. Es ist eine Ausstellung in Augsburg im Rahmen der Afrika - Wochen. (Link zur Ausstellung mit Audioguide).
Ansonsten bin ich im Moment arbeitslos. Ab Mittwoch sollte ich beim Hopfendrehen anfangen, aber das ist befristet. Außerdem bewerbe ich mich auf verschiedene Kunstprojekte wie z.B. von arkadenale. Got something to say about europe.
Was glaubst du, wissen die meisten Leute nicht über deinen Beruf, beruflichen Bedingungen während vor und nach Corona?
Den Background, wie das Endprodukt entsteht. Was ich schön dazu finde, ist dieser Spruch: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit!“ Wenn du auf eine Ausstellung gehst, bist du ja froh Sachen zu sehen die dir gefallen. Aber du musst dafür Material finden, du musst inspiriert sein. Außer du hast eine Auftragsarbeit, aber da brauchst du auch im Vorfeld eine gewisse Methodologie. Im Endeffekt, das, was vor dem Bild ist, das wissen die Leute nicht.
Kunst ist ein teures Hobby, wie Golf oder Surfen. Viele Künstler*innen haben in der Vergangenheit aber auch gezeigt, dass man auch aus dem Nichts Kunst machen kann. Und der Kunstmarkt ist sehr vielfältig. Man muss eben seinen Weg finden, man muss seine eigene Identität, sein Markenzeichen finden. Der eine sagt das, der andere das und die Kunstschule sagt auch etwas. Aber am Ende musst du deine eigene Line finden, deinen Pfad finden.
Teuer sind die ganzen Tools, die man braucht. Ich war auf der Kunstschule, für bildnerische Kunst. Es wurde uns gesagt dass es hart und teuer sein wird für uns. Erst heute verstehe ich, was sie damit meinten. Wenn ich eine Ausstellung habe, für die ich keine Unterstützung bekomme, muss ich einen Raum mieten, außerdem muss ich Werke zeigen, die ich bereits habe oder dafür in null Komma nichts produzieren soll. Ich brauche Leinwand, Papier, Farbe, Pinsel usw.. Und ich sitze selbst auf den Kosten, außer jemand kauft mein Werk. Was soll man sagen, wenn es niemand kauft, ist es eigentlich nicht zu gebrauchen. Es ist hart so etwas zu sagen. Deswegen würde ich heute sagen, dass es natürlich auch um Finanzen geht.Viele arbeiten, um ihre Kunst machen zu können. Damit sie ihre Miete, ihr Essen bezahlen können und der Rest geht komplett in die Kunst. Das nenne ich Leidenschaft, weil es ist letztendlich unbezahlbar.
Da waren wir alle auf Hilfe angewiesen, von heute auf morgen. Jeder Kunstzweig war betroffen, weil die Kunst lebt ja auch vom Publikum.
Meine Ausstellungen wurden komplett gecancelt. Ich habe dann auf digitale Ausstellungen umgeschwenkt, das lief gut. Die Kunstinteressierten haben sich das trotzdem angeschaut. Die Kunstschulen hatten zu, ich stehe Modell, ich hatte da keine Aufträge mehr. Inzwischen geht es wieder. Man muss eben Computer und Kameras haben, weil wir es jetzt teilweise über Zoom machen. Man überlegt, wie man es unter den Bedingungen des Lockdowns trotzdem noch machen kann. Jeder kann zu Hause malen, aber man kann es nicht präsentieren. Das Digitale ist deshalb ein wichtiges Medium.
Wie war deine Situation vor Corona, wie ist sie jetzt?
Da war es natürlich besser, was Aufträge und Präsenz angeht. Ich habe davor am Flughafen gearbeitet, wir wurden massenweise gekündigt. Und dann heißt es erst einmal weniger Geld, Kurzarbeit usw. Und meine künstlerische Arbeit hat auch einen Schlag bekommen. Ich konnte keine Präsenz-Ausstellungen mehr machen, zu einer digitalen Ausstellung kommen einfach weniger Zuschauer*innen. Mein Modell-Job war einfach aus. Und ich hatte auch ein bisschen Hemmungen und Ängste wegen Covid. Es war einfach verheerend.
Ich dachte, jetzt habe ich mehr Zeit und kann mehr Kunst machen. Aber da ich nicht zur Arbeit gegangen bin, hatte ich kein Geld und konnte kein Material kaufen.
Ich wollte nach Paris gehen und dort einige Ausstellungen machen, aber das geht jetzt überhaupt nicht. Und ich hatte eine Anfrage für eine Ausstellung in Deutschland, aber das ist auf Eis gelegt.
Hat sich dein Gehalt aufgrund von Corona geändert?
Ja, sehr drastisch. Am Anfang der Kurzarbeit habe ich nur noch wenig Geld bekommen. Und wenn man davon ausgeht, dass die Miete bezahlt werden muss, tendiert man dazu zu weinen. Und dann kommen auch noch andere Kosten dazu. Man kann nicht arbeiten, man kann nichts machen, muss zu Hause bleiben und auch noch Masken kaufen.
Am Anfang habe ich Hilfen und beantragt, aber es ging nicht. Von Künstlerkolleg*innen habe ich gehört, dass es bei Ihnen funktioniert hat. Kunstlehrer*innen, Selbstständige oder Kolleg*innen die ausschließlich Modell stehen haben Hilfen bekommen, aber auch nur für eine kurze Zeit.
Arbeitest du gerade an einer Produktion? Wo und wann kann man sich diese ansehen?
Am 21.05.2021 gibt es eine Online-Ausstellung in Erlangen, ich bin dabei, es werden Bücher, Gesang, Malerei präsentiert. Jeder sollte sich Gedanken machen, wie er sich präsentieren kann.
Im Theater Abraxas kann ich eine Präsenz-Ausstellung im November machen, die hätte eigentlich schon letztes Jahr stattfinden sollen. Und ich habe mich im Allgäu beworben, die möchten dort Bilder von mir haben, dort könnte auch eine Ausstellung entstehen, wenn die Kontaktbeschränkungen wieder lockerer werden.
Ich bin seit Ende April offiziell arbeitslos und bewerbe mich. Und seit März letzten Jahres war ich auf Kurzarbeit bis April. Es geht weiter, bis ich eine neue Arbeit finde. Mein Alltag sieht eher stressig aus, weil ich nicht weiß, was morgen ist. Ich habe Ängste, jeder hat Ängste. Ich habe natürlich mehr Freizeit, aber irgendwann hat man auch keine Lust mehr und möchte wieder etwas machen.
Ich würde mir wünschen, dass es mit diesen Sperren aufgehört und unsere Freiheit wieder respektiert wird. Die Menschenrechte sind zurzeit ramponiert. Freiheit und Demokratie sind nur noch Träume. Jetzt wird uns allen vorgeschrieben, wann wir zu Hause sein sollen. Ich weiß, dass es ums Überleben geht. Aber ich würde mir wünschen, dass diese ganzen Vorkehrungen aufhören und diese Impfung für jeden zugänglich ist, und nicht nur für die Alten. Die Jugend bräuchte ja auch die Impfung.
Anonym
Alter: 37
Beruf: Maskenbildnerin
Arbeitsort: Oper / Musiktheater
Was wissen die Leute nicht über deinen Beruf?
Das wir auch tagsüber arbeiten, die meisten denken, dass man nur abends zur Vorstellung arbeitet und tagsüber frei hat. Tagsüber produzieren wir Neuanfertigungen für die nächsten Premieren und bereiten die Perücken für die laufenden Produktionen vor, die nach jeder Vorstellung wieder auffrisiert werden müssen.
Durch Corona hat sich für mich jetzt nicht super viel verändert, außer, dass wir jetzt wesentlich weniger Vorstellungen haben.
Hauptsächlich mache ich Anfertigungen und Vorbereitungen für die Produktionen, die noch kommen.
Zwischendrin produzieren wir immer wieder Live-Streams, damit die Leute sehen, dass das Theater nicht vollkommen aus den Augen ist. Wir sind noch da und bereit normal weiter zu machen. Aber wir dürfen es eben derzeit nicht, aufgrund der Corona-Situation.
Deswegen haben wir versucht Ausweichmöglichkeiten zu finden und machen jetzt regelmäßig Vorstellungen als Live-Stream, die sich die Leute anschauen können, um ein bisschen Kultur zu genießen und in den "schwierigen" Zeiten abzuschalten.
Meine Arbeit hat sich dahingehend verändert, dass ich ein paar Tage unter der Woche im Home-Office, also von zu Hause aus arbeite und Sachen mit nach Hause nehme. Hauptsächlich knüpfe ich dann Perücken oder Bärte. Meist am privaten Küchentisch, mit den ganzen Arbeitsmaterialien, natürlich unter ganz anderen Bedingungen als am Theater.
In der Arbeit habe ich bessere Arbeitsbedingungen, wie z.B. einen besseren Stuhl und einen Tisch, der auf die richtige Höhe eingestellt ist. Ich habe auch eine spezielle Lampe, um Perücken zu knüpfen. Zu Hause nutze ich eben, dass was vorhanden ist. Küchentisch, Küchenstühle und eine Schreibtischlampe, man improvisiert eben.
Je nachdem wieviel Platz man zu Hause hat, hat man mehr oder weniger erschwerte Bedingungen. Ich habe die ganzen Sachen zu Hause rumstehen, meist am Küchentisch, den Gipskopf, die Haare und alle Arbeitsmaterialien. Nach der Arbeit oder zum Essen muss ich alles wegräumen und wieder herrichten. Und das nimmt natürlich auch Platz weg. In der Arbeit kann ich die Sachen an ihrem Platz stehen lassen und am nächsten Tag direkt weiterarbeiten.
Aber es hat natürlich auch Vorteile, ich kann mir meine Zeit im Home Office viel freier einteilen, zu welcher Uhrzeit ich arbeite, und z.B. zwischendurch spazieren gehen.
Dafür habe ich aber auch die ganzen Arbeitssachen immer zu Hause im Blick.
Ich habe keine Probleme in dem Sinn. Alles hat seine Vor- und Nachteile. Ich versuche mich mit der neuen Situation zu arrangieren. Natürlich vermisse ich die laufenden Vorstellungen und den engen Kontakt mit den Darsteller*innen. Aber es war jetzt auch eine positive Zeit, in der ich mich hauptsächlich auf die werkstättlichen Arbeiten konzentrieren konnte.
Also ich arbeite momentan hauptsächlich tagsüber, sonst habe ich viel Nachmittags-, Abends- und Wochenenddienste gemacht. Die Wochenenden habe ich jetzt meist frei. Durch die Live-Streams Ist noch ein bisschen Normalität da.
Gar nichts, wir und alle Darsteller*innen lassen uns vor den Live-Streams testen. Gearbeitet wird mit FFP2 – Maske und Schutzschild. Die Darsteller*innen tragen ebenfalls FFP2 Masken, während wir sie herrichten.
Das Einstiegsgehalt liegt bei ca. 2.400, - € im Monat, brutto und dann verändert es sich je nach Berufserfahrung.
Momentan bin ich einen Tag pro Woche in Kurzarbeit, ich bekomme aber das gleiche Gehalt ohne Abzüge. Manche Theater sind komplett in Kurzarbeit. Die Kurzarbeit verteilt sich unterschiedlich auf die Theater in Deutschland.
Nein, aber es gab Kolleg*innen die vor Corona gekündigt haben, weil sie freiberuflich arbeiten wollten. Da war es am Anfang ein bisschen schwierig, aber inzwischen haben diese ihren Weg gefunden und haben wieder Jobs bekommen, trotz Corona. Eine Kollegin arbeitet momentan im Ausland bei einem Filmdreh. Alles ist möglich, man muss halt flexibel und offen sein.
Aushilfen können derzeit nicht beschäftigt werden, da das Geld einfach nicht da ist und durch die wenigen Vorstellungen auch weniger Arbeitskräfte benötigt werden.
Der ist von 100 auf 0 runtergefahren. Weil man eigentlich nicht wirklich die Möglichkeiten bekommt. Klar man kann jetzt wieder Museen besuchen, aber das ist natürlich mit einem großen Aufwand verbunden. Man muss Termine ausmachen, sich testen lassen und Zeiten einhalten. Wirklich flexibel kann man nicht mehr entscheiden, dass man jetzt einen Museumsbesuch machen möchte.
Der Staat sollte eine Regelung einführen, dass die Theater mit den Abstandsregelungen
wieder öffnen können. Jeder der einen negativen Corona-Test vorweisen kann, sollte wieder Theater besuchen dürfen. Kultur ist extrem wichtig.